Rechtliche Aspekte


Leitmarkt Nachhaltiges Bauen – Der Rechtsrahmen für Nachhaltigkeit im Bauwesen

 

Autorin: Diana Fischer, M. Sc.

 

30. August 2012 - Im Dezember 2007 wurde das Nachhaltige Bauen von der EU-Kommission offiziell zu einem der sechs Leitmärkte Europas erklärt. Ziel der Initiative ist es, innovationsfreundliche Märkte gezielt zu entwickeln und die Vermarktung von Innovationen zu erleichtern.

 

Hintergrund:

Das Bauen, Nutzen und Entsorgen von Bauwerken hat erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. So werden in Deutschland über 60% aller Abfallmaterialien, 50% der nichtbiologischen Rohstoffe sowie 40% des Primärenergiebedarfs dem Bausektor zugerechnet. Dies zeigt, dass allein kleine Verbesserungen in der Energie- und Ressourceneffizienz die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft maßgeblich beeinflussen können.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Europäische Kommission dazu entschlossen, das Nachhaltige Bauen zukünftig durch Gesetze, Richtlinien und Normen stärker zu fördern. Bislang wurden zahlreiche Änderungen rechtlich umgesetzt. Einige dieser Neuerungen werden im Folgenden erläutert.

Novellierung der Bauproduktenverordnung (BauPVo)

 

Die wohl wichtigste Neuerung für die Hersteller von Bauprodukten ist die Novellierung der Bauproduktenrichtlinie und gleichzeitige Umwandlung in eine Verordnung, durch die diese für alle EU-Mitgliedsstaaten sofort gültig ist.

 

  • In Bezug auf das Nachhaltige Bauen sind insbesondere Änderungen in Anhang 1 der Verordnung von Bedeutung. Er enthält Grundanforderungen an Bauwerke, die zukünftig beim Planen und Bauen berücksichtigt werden müssen. Neben den bereits bestehenden Anforderungen zur Standsicherheit, dem Brandschutz, der Nutzungssicherheit, dem Lärmschutz und der Energieeinsparung wurden die beiden für die Nachhaltigkeit von Bauwerken wesentlichen Aspekte „Hygiene, Gesundheit und Umwelt“ (Grundanforderung 3) sowie die „nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen“ (Grundanforderung 7) hinzugefügt bzw. erweitert. In beiden Bereichen werden zukünftig verstärkt Herstellerangaben der eingesetzten Bauprodukte verlangt:
  • Im Bereich der Grundanforderung 3 betrifft dies insbesondere gesundheitsschädliche Emissionen wie giftige Gase, flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds – VOC) sowie die Abgabe anderer gefährlicher Stoffe in Wasser und Boden. Die entsprechenden Nachweise hierfür sollten zukünftig von allen Herstellern transparent dargestellt werden, beispielsweise in Umwelt-Produktdeklarationen und anderen Produktdatenblättern.
  • Die Grundanforderung 7 adressiert insbesondere die Umweltverträglichkeit, Dauerhaftigkeit und Recyclingfreundlichkeit der verwendeten Baustoffe. Genaue Bewertungskriterien werden derzeit in verschiedenen nationalen und internationalen Forschungsprojekten entwickelt. Sobald Ergebnisse hierzu vorliegen, sollen diese rechtlich verankert werden. Bauprodukthersteller sollten sich daher bereits jetzt mit dieser Thematik auseinandersetzen, um rechtzeitig die erforderlichen Nachweise zur Verfügung stellen zu können.

Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie

 

Die Richtlinie 2008/98/EG der Europäischen Gemeinschaft vom 19. November 2008 über Abfälle setzt den rechtlichen Rahmen für die Abfallgesetzgebung in den Mitgliedstaaten. Ziel der Abfallrahmenrichtlinie ist die Schonung von Umwelt und Ressourcen durch die Vermeidung von Abfall. In Deutschland wurde die Richtlinie im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) umgesetzt. Diese beinhaltet unter anderem eine neue Abfallhierarchie, die den effizienten Einsatz von Ressourcen fördern soll. Entsprechend der Abfallhierarchie stehen „Maßnahmen der Vermeidung und der Abfallbewirtschaftung in folgender Reihenfolge“ (§ 6 KrWG):

1. Vermeidung,

2. Vorbereitung zur Wiederverwendung,

3. Recycling,

4. sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und   

    Verfüllung,

5. Beseitigung.

 

Weiterhin sollen gemäß §14 KrWG „die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die sonstige stoffliche Verwertung von nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfällen … spätestens ab dem 1. Januar 2020 mindestens 70 Gewichtsprozent betragen.“

 

Diese Forderung betrifft insbesondere die heute in Planung befindlichen Bauwerke, weshalb viele Architekten und Bauherren der Kreislauffähigkeit der eingesetzten Bauprodukte einen hohen Stellenwert beimessen und entsprechende Nachweise von den Herstellern fordern.

Normung zum Nachhaltigen Bauen

 

Die europäische Normung zum Nachhaltigen Bauen ist in den letzten Jahren rapide vorangeschritten. Während Normen zur wirtschaftlichen und sozialen Qualität von Bauwerken und Bauprodukten bislang noch in den Kinderschuhen stecken, wurde im Bereich der ökologischen Qualität schon viel bewegt.

 

Die wichtigsten Normen sind in der nachstehenden Pyramide dargestellt. Aus der Abbildung wird deutlich, dass die Produktebene und damit auch die Hersteller von Bauprodukten die Basis für die Nachhaltigkeit im Bauwesen darstellen und der Erfolg des Nachhaltigen Bauens auf der Bereitstellung ihrer Produktdaten aufbaut.

Normenpyramide zum Nachhaltigen Bauen | © fisch-ing.de
Normenpyramide zum Nachhaltigen Bauen | © fisch-ing.de

Darüber hinaus werden bzw. wurden noch einige produktspezifische Normen entwickelt, beispielsweise zur Berechnung der Kohlendioxid-Speicherung in Holzprodukten (DIN EN 16449 – aktuell in der Entwurfsphase) und zu Umweltaspekten von Aluminiumerzeugnissen (DIN EN 15530).

 

Neben den genannten Änderungen gibt es im Zuge der Europäischen Leitmarktinitiative eine Vielzahl weiterer überarbeiteter Rechtsvorschriften, die indirekt auch die Hersteller von Bauprodukten betreffen, deren Erläuterung jedoch den Rahmen dieses Beitrags übersteigen würde, weshalb hier nur einige davon aufgezählt werden:

  • Gebäuderichtlinie & Energieeinsparverordnung (EnEV)
  • Industrieemissionsrichtlinie
  • Grundwasserschutzrichtlinie

Wenn Sie Fragen, Wünsche oder Anregungen für weitere Themenvorschläge haben oder detailliertere Informationen benötigen, können Sie mich gern unverbindlich hierüber kontaktieren. Ich freue mich auf Ihr Feedback!