Der Energieausweis - ein Trauerspiel in mehreren Akten
31. Oktober 2013 - Was passiert, wenn durch Lobbyismus, Zuständigkeits-Wirrwarr und inhaltliche Unklarheiten aus einer klugen Sachen, eine Farce wird, der schaue sich das Trauerspiel um den Energieausweis an. Seit der Premierenveranstaltung im Sommer 2008 wird die Blamage mit jedem Vorhang größer. Schon der erste Akt hinterließ beim Publikum Stirnrunzeln, denn es gab zwei unterschiedliche Ausweisarten (Verbrauchs- und Bedarfsausweis), jede gleich erklärungsbedürftig.
Zwei Heldentenöre, die gegeneinander singen? Das konnte nicht gutgehen. So wurde einer nach geraumer Zeit abberufen.
Doch übersichtlicher wurde es für die Zuschauer (Eigentümer und Mieter) nicht. Das Libretto (DIN 18599) war zu kompliziert, die Komparsenschar (Ausstellungsberechtigte) zu groß und der Genralintendant (Gesetzgeber) machte den Eindruck, als wüsste er nicht, was in seinem Haus eigentlich gespielt wird. In 2013 ist das Publikum nach fünf Jahren Spielzeit müde geworden. Was will uns der Dichter sagen, fragt es sich. Die Überarbeitung des Stücks (Novellierung der EnEV 2014) soll nun frischen Wind in die Fortsetzung bringen: Die Neuerung sieht vor, dass die Informationen des Energieausweises anhand von Energieffizenzklassen in Wohnungsanzeigen verpflichtend ausgewiesen werden. Vom Prinzip her eine gute Idee, wenn man mit der Einführung des Energieausweises für Transparenz gesorgt hätte. Doch das war eben nicht der Fall - gewollt oder ungewollt.
Nun bezieht der IVD eindeutig Stellung: Er lehnt die Einführung von Energieeffizienzklassen im Energieausweis entschieden ab. Einige Bundesländer wollen diese im Rahmen der Novellierung der EnEV 2014 einführen, um für den Mieter eine höhere Transparenz zu erreichen. "Die Erwartung, dass Wohnungssuchende anhand der Energieeffizienzklassen eindeutig nachvollziehen können, welchen Energieverbrauch die Wohnung hat und welche Betriebskosten sie zu erwarten haben, wird sich durch Energieeffizienzklassen nicht erfüllen", sagt Sun Jensch, Geschäftsführerin des Immobilienverband IVD. Allein durch die hohen Preisunterschiede der Energieträger könne hier keine Transparenz entstehen. So kann ein gasversorgtes Gebäude mit der Effizienzklasse D die gleichen Energiekosten haben wie ein fernwärmeversorgtes Gebäude mit der Effizienzklasse B. "Darüber hinaus gibt die Energieeffizienzklasse keine Rückschlüsse auf die warmen Betriebskosten, da diese immer von der nachgefragten Fläche abhängen", erklärt Jensch .
Die neuen Klassen würden die bisherige Unverständlichkeit des Energieausweises zudem noch erhöhen. Statt der bisherigen zwei Kennwerte (Verbrauch und Bedarf) würden dann für jedes Gebäude vier verschiedene Kennwerte sowie mehrere Klassen geschaffen. "Mit dieser Flut an Informationen wird dann für noch mehr Verwirrung gesorgt werden", warnt Jensch. Neben der Irreführung durch die Energieeffizienzklassen kommen höhere Kosten auf die Eigentümer zu. Ab 2014 verlangt die EU eine Anzeigepflicht des Energieausweises. "Alle Wohnungseigentümer müssen dann bei Neuvermietung einen neuen Energieausweis ausfertigen lassen." sagt Jensch.
Und das Publikum sieht betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen. Was bleibt? Eigentümer, die in den vergangenen Jahren ihre Bestände zeitgemäß modernisiert haben, sollten sich vielleicht ein anderes Qualitätsmerkmal überlegen, mit dem sie für ihre Immobilien werben. Und Mieter? Sie sollten vor Anmietung überprüfen, mit welcher Energieart das Objekt betrieben wird. Handelt es sich um eine endliche fossile Energieart, bei der mit Preisanstiegen zu rechnen ist oder verfügt das Objekt über eine regenerative Energieversorgung? Eventuell ist ein versiertes Ingenieurbüro zu Rate zu ziehen. Der Rest ist dann Abstimmung mit den Füßen. Letztlich entscheidet der Markt. Energieausweis hin oder her.
Gebäudezertifikate versus ökologische Kennzahlen
Was für nachhaltiges Bauen von Bedeutung ist, und wie man es messen kann
12. November 2012 - Der Immobiliensektor ist darauf fokussiert, Zertifikate für gute Absichten zu erlangen. Häufig geht dies auf Kosten einer tatsächlichen Verbesserung der Nachhaltigkeit, die sich durch eine sinnvolle Kapitalplanung erreichen lässt. Ein zentrales Hindernis besteht darin, dass es an klaren, standardisierten Kennzahlen mangelt. Eine Einigung auf einfache Nachhaltigkeitskennzahlen wäre ein wichtiger Schritt, um die Aufmerksamkeit im Immobiliensektor wieder auf die tatsächlichen Ergebnisse zu lenken und die beträchtlichen Fortschritte aufzuzeigen, die bereits erzielt wurden.
Eine vor kurzem in Englisch veröffentlichte Studie von der Deutsche Bank Tochter RREEF Real Estate widmet sich dem Thema ausführlich.
Vergleichbarkeit von Gebäudezertifikaten im Video erklärt
29. Juni 2012 - Die Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Green Building Labels stellt auch Fachleute vor Herausforderungen. Welche Kriterien werden wie bewertet? Wo liegt der Schwerpunkt bei LEED, BREEAM und DGNB? Ist es die Energieeffizienz, sind es die Lebenszykluskosten oder eventuell mehr sozial nachhaltige Aspekte, die im Fokus stehen? Die Diskussion als "akademische Debatte" zwischen Ingenieure abzutun, wäre ein großer Fehler. Denn zukünftig wird sich die transparente und nachvollziehbare Darstellung von ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit auf die Immobilienbewertung und damit die Immobilienfinanzierung (!) auswirken.
Einem Videoclip ist es gelungen, die international bekanntesten Gebäudezertifikate einander gegenüberzustellen und anschaulich darzulegen, wodurch sie sich unterscheiden. Wenige Minunten, die sich mehr als lohnen!
Green Building-Zertifizierungssysteme setzen sich durch
25. April 2012 - Blauer Umweltengel, TÜV, DGNB, natureplus, FSC, CE-Zeichen - auf dem deutschen Baumarkt wird eine Vielzahl unterschiedlicher Güte- und Zertifizierungszeichen genutzt. In einer repräsentativen bundesweiten Studie im Auftrag von Sentinel und Baumit untersuchte die Heinze Marktforschung die Bedeutung und Bekanntheit der genutzten Labels und ihre Relevanz auf dem deutschen Baumarkt.
Die überwiegende Mehrheit der 263 befragten Architekten und Planer ist demnach davon überzeugt, dass Green-Building-Zertifizierungen und Produkt-Gütesiegel in Zukunft wichtiger werden, weil sie langfristig nicht nur den Gebäudewert sichern, sondern auch für ein gutes Image der Baubranche sorgen würden. Es herrscht allerdings wohl die Ansicht vor, dass sie derzeit noch nicht die nötige Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit genießen: Gebäudezertifizierungen wie Green Building eignen sich deshalb nach Ansicht der meisten der befragten Architekten und Planer noch nicht dazu, größere „Nachahmeffekte“ bei privaten Bauherren auszulösen.
Anders bei öffentlichen Gebäuden: Hier schätzen die Befragten die Bedeutung von Zertifizierungssystemen bereits heute als wichtig ein. Das mit Abstand bekannteste Zertifizierungssystem ist das DGNB-Siegel (71%).
Bei den mehr als 20 Gütesiegeln, die die Nachhaltigkeit von Baustoffen und Bauprodukten bewerten, gehören das CE-Zeichen, das RAL-Gütesiegel und der Blaue Umweltengel zu den bekanntesten. Hingegen nach den wichtigsten Gütesiegeln befragt, landen das FSC-, das PEFC-, CE-Zeichen und das „Übereinstimmungszeichen“ auf den vorderen Plätzen. Trotz der Vielfalt von Gesamt- und Spezial-Labels rund um das nachhaltige Bauen ist eine relative Mehrheit der Architekten überzeugt (38%), dass beide ihre Berechtigung haben und parallel eingesetzt werden sollten.
Weitere Infos zur Studie erhalten Sie hier.
Webinar zum Nachhören: Rechnet sich eine DGNB- oder LEED-Zertifizierung?
14. Juli 2011 - Der Trend zu nachhaltigen Immobilien ist nicht zu leugnen. Aus einer im Juni veröffentlichten Marktanalyse von Savillis Research geht hervor, dass sowohl auf den Vermietungsmärkten als auch am Investmentmarkt die Nachfrage nach “grünen” Büroimmobilien in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. Doch: Nach einer Studie von ICME kennen nur 28 Prozent der befragten Geschäftsführer von Immobilienfonds-Anbietern den Investitionsbedarf, um für ein bestehendes Immobilienportfolio eine “grüne” Zertifizierung erhalten zu können.
Hermann Horster, Head of Sustainability, BNP Paribas Real Estate Consult GmbH, führte in einem von der conject AG organisierten - äußert informativen - Webinar Erfahrungen aus der Praxis bzw. aus aktuellen Bauvorhaben mit Daten aus der Marktforschung zusammen, um Entscheidern Ideen zu geben, wann und wie sich eine Zertifizierung rechnen kann.
Durch Anklicken des obigen Bildes gelangen Sie direkt zum Webinar.
Die Zukunft für Immobilien - Gebäude zertifizieren!?
Autor: Dipl.-Ing. Jonas Dietzel
10. Dezember 2010 - "2075 - Verbrannte Erde", ein Film der den Klimawandel mit all seinen Bedrohungen deutlich macht und in einer Rückblende betrachtet. Kurz und prägnant, teilweise heftig aber auch eindeutig und damit richtungsweisend.
Heute, 65 Jahre vorher aber entstehen gerade in der Immobilienwirtschaft neue richtungsweisende Konzepte, die in der Zukunft Früchte tragen könnten. Jeder, auch abseits der Immobilienbranche, spricht über Nachhaltigkeit, Green Buildings über Smart Grids, Elektromobilität. Energieeffizienz ist dabei oft eines der Zauberwörter um Produkte "grün" oder "bio" zu machen. Welchen Zweck erfüllen Zertifikate für Immobilien in diesem Zusammenhang? Wer profitiert davon? Wie lange wird der aktuelle Trend anhalten?
Chancen für Earlybirds
Sparsame Gebäude, ressourcenschonende Konstruktionen und daraus resultierende niedrigere Folgekosten, die schon heute bedacht, teilweise sogar berechnet werden können, werden zukünftig noch viel wichtiger sein als die reinen Erstellungskosten. Waren es früher flexible Raumaufteilungen, große Glasfassaden oder technische Innovationen, muss das Gebäude der Zukunft als komplexes Gebilde im Zusammenspiel von der Erstellung über seinen Lebenszyklus bis hin zum Abriss / Recycling funktionieren. Große Immobilienfonds aber auch der Einzelne überlegen sich wie sie ihr Geld investieren. Das Beispiel der Automobilindustrie zeigt: Jene , die vor Jahren den Einstieg in Hybrid und kleinere Motoren gewagt haben, profitieren heute. So bewerben auch immer mehr - insbesondere mittelgroße Unternehmen und Baukonzerne - ihre heute fertiggestellten Gebäude als „grün“ und nachhaltig.
Der Nutzer entscheidet über den Erfolg
Leerstände zwingen zu neuen Ideen, umso mehr müssen vorhandene Technologien genutzt werden, die bekanntermaßen funktionieren. Dabei unterstützen sogenannte Zertifikate, z.B. von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Immobilien und deren Eigenschaften können damit bereits in der Entwurfs- und Planungsphase bewertet werden. Die Kriterien beachten nicht nur die ökologische Komponente, sondern beleuchten auch wirtschaftliche, soziale und ästhetische Aspekte des Bauwerks. So werden potentielle Nutzer, z.B. Mieter oder Käufer sensibilisiert. Ob zertifiziert oder nicht, Nutzer die wissen was sie konsumieren und das Produkt für tauglich befinden, entscheiden über den Markt der Zukunft. Politische Regulationen sind dabei ein erster kleiner Schritt wie die Bestrebungen zum Null- oder sogar Plusenergiehaus zum Ende dieser Dekade.
Nachhaltige Gebäude entstehen aus Teamarbeit
Sinnvolle Beispiele und Vorreiter auf diesem Gebiet gibt es bereits. Um die Entwicklung voranzutreiben sind zertifizierte Immobilien ein Stück im Puzzle. Alle anderen Parameter spielen aber eine ebenso wichtige Rolle. Wichtigster Bestandteil solcher Gebäude, ist es, die Nutzung, die Funktionen und Ziele frühzeitig zu kennen. Alle Beteiligten sollten über einen Informationsstand verfügen, um die sowohl ökologisch als auch ökonomisch beste Möglichkeit zu entwickeln. Ob ein solches Gebäude zertifiziert ist oder nicht, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. An dem Standort die richtigen Leute mit in das Projektteam zu holen, ist ein entscheidendes Kriterium für das Gelingen.
Ein solches - funktionierendes - Projekt wird auch im Jahr 2075 bestehen und sogar weiterentwickelt werden können. Mit oder ohne Zertifikat wird diese Immobilie rentabel sein und dabei die ökologische Komponente als wesentlichen Baustein berücksichtigt haben.
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