Auslaufmodell Büroimmobilie?

 

greenIMMO: Herr Wende, Ende 2015 wurde der ZIA-Ausschuss „Büro“ ins Leben gerufen. Ist das die verspätete Reaktion auf die mobile, digitale Arbeitswelt und die neue Mietergeneration der Start-ups, die längst dabei ist, das Geschäft rund um die Assetklasse zu verändern, siehe kürzere Mietvertragslaufzeiten und die Erwartungen an die Funktion des Büros als „Second Home“?

 

Andreas Wende: Die fortschreitende Digitalisierung der Bürowelten und Entwicklung von neuen und innovativen Ansätzen der Bewirtschaftung und Vermietung war natürlich einer der ausschlaggebenden Faktoren für unsere Entscheidung gewesen, der Nutzungsart Büroimmobilie einen eigenständigen Ausschuss im ZIA zu geben. Viele unserer Kunden setzen sich mit diesem Thema auseinander, insbesondere junge Führungskräfte suchen moderne Arbeitsflächen. Doch auch eher konservative Unternehmen mit klaren Vorstellungen öffnen sich immer mehr den Themen Digitalisierung, Innovation und Optimierung. Unsere Branche muss sich somit auf zahlreiche Veränderungen einstellen, sei es eben durch veränderte Nutzeransprüche, aber auch steigende Auflagen und Regulierungen der Politik. Dafür wollen wir zukünftig dem Büroimmobiliensegment eine starke Stimme in Politik und Öffentlichkeit verleihen.

Bild: Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Bild: Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

greenIMMO: Was haben Sie sich auf die Agenda geschrieben bzw. wie sieht Ihre Liste an Zukunftsfragen aus, die Sie abarbeiten wollen/müssen?

 

Andreas Wende: In unserer ersten Ausschuss-Sitzung haben wir zunächst einen Überblick über den Gesamtmarkt von Andreas Schulten von bulwiengesa erhalten. Gemessen am Transaktionsvolumen stellen Büroimmobilien aktuell die größte Assetklasse der Immobilienwirtschaft. Mehr als 14 Millionen Deutsche arbeiten in Büros. Jeder dritte in Deutschland Erwerbstätige ist also auch Büronutzer. Schnell wurde den etwa 30 Teilnehmern, Vertreter aus sämtlichen Bereichen der Wertschöpfungskette, klar, dass diese Relevanz in der Öffentlichkeit und Politik überhaupt nicht wahrgenommen wird. So hat die Büroimmobilienbranche mit einem stark überregulierten Umfeld zu kämpfen. Zahlreiche neue und bestehende Regulierungsansätze verunsichern die Branche, verteuern neue sowie bestehende Büroflächen und hemmen notwendige Investitionen und Innovationen in diesem Segment. Letztendlich führt das zu einer Gefährdung der Produktivitätssteigerung der deutschen Industrie. An diesem Punkt werden wir ansetzen und für die Interessen der Nutzungsart eintreten, in Berlin, aber auch Brüssel.

 

greenIMMO: Welche Rolle wird die Vernetzung mit Playern spielen, die nicht primär aus dem Immobiliensektor kommen, die den Büroimmobilienmarkt zukünftig jedoch beeinflussen werden? Nehmen wir z.B. die Anbieter von Co-Working-Spaces oder Unternehmen aus dem Bereich IT- und Telekommunikation? Wird Ihr Ausschuss dazu beitragen, dass es hier zu einem intensiveren Austausch kommt?

 

Andreas Wende: Schon bei unserer ersten Sitzung hatten wir Patrick Nelson von WeWork zu Gast, der uns Einblicke in die Ansprüche seiner Mieterklientel weltweit gab. WeWork bietet neben kleinteiligen Bürowelten auch Gemeinschaftsflächen, in denen die Mieter in Kontakt treten. In den USA ist das Konzept bereits überaus erfolgreich, in Europa ist es auf dem Vormarsch. Wir müssen uns nun also auch in Deutschland die Frage stellen: Was können und müssen wir unseren Mietern und Kunden in Zukunft bieten? Wie muss sich unsere Branche anpassen? Welche Innovationen werden unser Geschäft in welcher Form verändern? Und wie können wir die Digitalisierung voranbringen? Diese und weitere Fragen werden wir intensiv und mit der Hilfe von externen Experten diskutieren.

© Dmitri Popov, Unsplash (CC 0.0-Lizenz)
© Dmitri Popov, Unsplash (CC 0.0-Lizenz)

 

greenIMMO: Viele Organisationen gründen „Labs“ oder „Hubs“, um in einem offenen, interdiszplinären Umfeld auf neue Ideen zu kommen. Planen Sie etwas in dieser Art, wo Eigentümer, Mieter, Investoren, Start-ups, ITler und Wissenschaftler gemeinsam Dinge ausprobieren?

 

Andreas Wende: Der ZIA verfügt über einen eigenständigen Innovation Think Tank, der sich zum einen in unseren Ausschuss einbringen wird. Zum anderen werden wir in dem Think Tank aus unserer täglichen Arbeit in den Unternehmen berichten. Natürlich werden wir auch in Zukunft, wie auch schon in unserer ersten Sitzung, externe Referenten aus sämtlichen Bereichen als Gäste einladen und in einen intensiven Dialog treten. Welches Umfeld sich daraus entwickeln könnte, kann und möchte ich heute noch nicht sagen. Dafür ist der Ausschuss noch zu jung. Und wir wollen uns keinesfalls zu stark einschränken.  

 

greenIMMO: Die Veränderungen, mit denen sich die Assetklasse Büro konfrontiert sieht, betreffen nicht nur die Objektbeschaffenheit, das Management und Vermietungsgeschäft, sondern reichen bis zur Immobilienbewertung. Wie verzahnt wird der Büro-Ausschuss mit anderen ZIA-Ausschüssen arbeiten und ggfls. das Wissen mit anderen Organisationen teilen?   

 

Andreas Wende: Traditionell sind die Ausschüsse und Plattformen des ZIA eng miteinander verbunden. Häufig nehmen Ausschuss-Mitglieder auch an den Sitzungen anderer Ausschüsse teil, um eigene Fragen zu diskutieren, aber auch ihr Fachwissen in den anderen Gremien einzubringen. Dieser Netzwerkgedanke ist eine der Grundeigenschaften des ZIA und gewährleistet die interdisziplinären Ansätze des Verbandes in seiner täglichen Arbeit. Für unseren Ausschuss bedeutet das einen hohen Mehrwert, da wir auf sämtliche Kompetenzen zurückgreifen können, insbesondere in der Anfangszeit und bei globalen Fragestellungen. Wir müssen keine Experten in jeder Disziplin sein, dafür gibt es die anderen Ausschüsse und Plattformen.

 

greenIMMO: Herr Wende, wir danken Ihnen für das Gespräch.