Grüne Immobilien in der intelligenten Stadt

  

Autoren: Christian Matt und Rüdiger Hornung, TÜV SÜD 

 

25. Januar 2013 - Seit der Energiewende wird die Stromversorgung in Deutschland grundlegend in Richtung dezentraler Energieversorgung umgebaut. Doch in den meisten Fällen stoppt der Umbau sprichwörtlich vor der eigenen Haustür. Dabei ist die Integration von Gebäuden von zentraler Bedeutung für die weitere Umsetzung der Energiewende, denn die urbanen Zentren sind für rund 80 Prozent der von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

 

Um den Herausforderungen der Energiewende, des demographischen Wandels und der Ressourcenverknappung zu begegnen, ist der Umbau der Städte zu so genannten Smart Cities erforderlich. Dabei werden Gebäudeinfrastruktur, Verkehr und Energieversorgung mit einander kombiniert und vernetzt. Die bisher getrennten IT-Systeme tauschen dabei Informationen aus und steuern Millionen von dezentralen Komponenten in der Stadt.

Gebäudevernetzung spart Kosten

 

Der erste Schritt zur Smart City ist, den Energiebedarf für Heizen, Kühlen und den elektrischen Betrieb des Gebäudes durch eine verbesserte Gebäudehülle und den Einsatz intelligenter Techniken zu reduzieren. In einem zweiten Schritt sind die Gebäude in die intelligente Energieversorgung zu integrieren. Dabei wird die Erzeugung durch Großkraftwerke Schritt für Schritt durch sehr kleine dezentrale Erzeugereinheiten abgelöst. Technisch ist es bereits heute möglich, Gebäudeoberflächen so zu gestalten, dass aus Wohn- und Bürohäusern durch die Integration von Photovoltaikmodulen kleine Kraftwerke werden. Damit entwickelt sich der Verbraucher zum Erzeuger von Energie.

Im März 2013 startet die IBA Hamburg und zeigt erste Modellansätze für die "smarte" Stadt | © greenIMMO
Im März 2013 startet die IBA Hamburg und zeigt erste Modellansätze für die "smarte" Stadt | © greenIMMO

Auf der Verbrauchsseite können durch den Einsatz von Smart-Metering-Systemen die Energiekosten reduziert werden. Smart Meter sind das Bindeglied zwischen dem privaten Verbraucher und dem Energieversorger und übermitteln permanent Informationen über den Verbrauchsstatus. Die Offenlegung von Informationen geht mit einer hohen Preistransparenz einher. So können Stromnachfrage und -angebot in Echtzeit dargestellt und Haushaltsgeräte so programmiert werden, dass sie sich nur bei günstigen Preisen einschalten und damit Kosten sparen. Bis 2020 sollen nach Planungen der EU in mindestens 80 Prozent der Haushalte die intelligenten Zähler montiert sein.

Umnutzung der besonderen Art: Ein Bunker in Hamburg-Wilhelmsburg wird im Rahmen der IBA Hamburg zum regenerativen Energiekraftwerk umgewandelt | © greenIMMO
Umnutzung der besonderen Art: Ein Bunker in Hamburg-Wilhelmsburg wird im Rahmen der IBA Hamburg zum regenerativen Energiekraftwerk umgewandelt | © greenIMMO

Energetische Sanierung des Altgebäudebestands

 

Ein beträchtliches Potenzial verbirgt sich auch bei der energetischen Sanierung des Altgebäudebestands. Alleine mit der Ausnutzung von neuen Technologien bei Neubauten durch z. B. Energieplushäuser lassen sich die energetischen Ziele nicht erreichen. Der jährliche Neubau an Immobilien in Deutschland macht lediglich weniger als einen Prozent des Gebäudebestands aus, während hingegen rund 80 Prozent der Wohngebäude vor 1979 erbaut wurden. Bauten, die zwischen 1958 und 1978 errichtet wurden, bieten im Schnitt Einsparpotenziale von rund 30 bis 70 Prozent. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber mit der EU-Gebäuderichtlinie, der EnEV 2012 oder dem EEWärmeG bereits Maßnahmen ergriffen und energetische Mindestanforderungen definiert, sofern freiwillig saniert wird. Ist dies der Fall, stehen finanzielle Mittel bspw. der KFW-Bank zur Verfügung. Da in den nächsten 20 Jahren schätzungsweise 50 Prozent des Wohnbestandes saniert werden müssen, ist jeder zweite Immobilienbesitzer von den geänderten Anforderungen betroffen.

Gebäudesanierungsarbeiten gehören zum täglichen Strassenbild | © greenIMMO
Gebäudesanierungsarbeiten gehören zum täglichen Strassenbild | © greenIMMO

Nachhaltigkeitsbewertung von Immobilien

 

Um hohe Folgekosten zu vermeiden und eine wirtschaftliche Umsetzung der Maßnahmen zu ermöglichen, ist bereits im Vorfeld eine umfassende Analyse des Objekts vorzunehmen, die nicht nur auf die energetische Situation abstellt. Denn Nachhaltigkeit bedeutet vor allem die langfristige Nutzbarkeit und Werthaltigkeit der Immobilien, die Teil der Stadt der Zukunft sind. So sind für eine belastbare Einschätzung zunächst die Modernisierungsrisiken zu erfassen und ggf. Handlungsbedarf abzuleiten. In die Analyse sollten sowohl der Zustand der Gebäudesubstanz, die bauphysischen Mängel, als auch Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften hinsichtlich Statik, Brandschutz oder Verkehrssicherheit einfließen. Diese Nachhaltigkeitsanalyse lässt sich z. B. mit dem Nachhaltigkeitsstandard für Bestandsimmobilien nach TÜV SÜD SCoRE ermitteln. Der Fokus liegt dabei auf den Bereichen Energie, Gebäudekonzept, Standort, Wasser-, Abwasser- und Abfallsituation sowie Altlasten und Böden. Einsparpotenziale können durch moderne Steuerungssysteme, die bedarfsgerechte Einstellung von Klima, Lüftung und Beleuchtung sowie durch den Einsatz von energieeffizienten Aufzügen mit abschaltbaren Komponenten erschlossen werden. Immobilienbesitzer profitieren nicht nur durch Kosteneinsparungen hinsichtlich der Betriebskosten, sondern auch durch eine bessere Vermarktbarkeit der Immobilie.

In Zukunft könnte es nicht nur bei der Sanierung unter energetischen Gesichtspunkten bleiben. Aktuelle Forschungen befassen sich mit der Entwicklung von Fassadenbeschichtungen, die Schall absorbieren können. Sogar die Reduktion des Schadstoffgehalts in der Luft mit Hilfe von Nanotechnologie liegt im Bereich des Möglichen. Damit ist die Zielsetzung von Smart Cities nicht nur Kosten zu sparen, sondern langfristig die Ressourcen zu schonen und die Lebensqualität für die Einwohner zu verbessern.

 

Autoren:

 

Dipl.-Ing. Christian Matt, Leiter Kompetenzzentrum Energieeffizienz TÜV SÜD Industrie Service

Westendstraße 199

80686 München

Tel: +49 (0)89 / 5791 3251

E-Mail: energieeffizienz@tuev-sued.de

 

Dipl.-Ing. Rüdiger Hornung, Geschäftsführer

TÜV SÜD ImmoWert GmbH

Frankfurter Str. 63-69

65760 Eschborn

Tel:. +49 (0)6196 / 80239-11

E-Mail: bewertung@tuev-sued.de

 

Links:

www.tuev-sued.de/is

www.tuev-sued.de/smarthome